25. Okt. 2016

Die Glocken läuteten und die Anwesenden sangen „Großer Gott“, als die am Dienstagmittag die vor 37 Jahren gestohlene Figur des Heiligen Johannes wieder in die Owinger Weiler Kirche getragen wurde. - Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht in Owingen, als am 15. Dezember 1979 aus der Weiler Kirche die Holzfiguren des Heiligen Johannes und der Gottesmutter als Teil einer Kreuzigungsgruppe vom Hochaltar gestohlen wurden. Jahrzehnte lang war die Johannes-Figur spurlos verschwunden gewesen. Von der Figur der Heiligen Maria fehlt bis heute noch jede Spur.

Mit einer kleinen Andacht wurde die Rückkehr des Heiligen Johannes an seinen angestammten Platz am Dienstag gefeiert. Vor zwei Jahren gab es die ersten Hinweise darauf, dass die Owinger Heiligenfigur auf einer Internet-Auktionsplattform zum Verkauf angeboten wurde. Die Ermittlungen des Landeskriminalamtes (LKA) Stuttgart bestätigten, dass es sich um die verschollene Johannes-Figur handelte. Ein Käufer aus der Slowakei hatte die Figur von einem Anbieter aus Augsburg ersteigert. In Zusammenarbeit mit Kunstfahndern des bayerischen LKA und den slowakischen Behörden wurde die Figur sichergestellt. Experten aus dem Fachgebiet Restaurierung im Landesamt für Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Stuttgart begutachteten das Gnadenbild und bescheinigten dessen Herkunft.

In der Andacht dankte Pfarrer Dieter Mayer für die Rückkehr der Figur, die für die Owinger Pfarrei und die Seelsorgeeinheit Eyachtal-Haigerloch St. Anna sowie auch für die Erzdiözese Freiburg einen Glücksfall darstelle. Mayer erinnerte auch daran, dass die beiden Owinger Paul Bossenmaier und Josef Sinz (†) beim Auffinden der Figur wertvolle Detektivarbeit geleistet und wichtiges Beweismaterial zur Verfügung gestellt haben. Auch Josef Ansel vom Landesamt für Denkmalpflege würdigte in seinem Grußwort „das tolle Zusammenspiel von vielen Menschen und Behörden“, die zu dem verschollenen Gnadenbild nach Bratislava geführt habe. Vor Ort sei die Echtheit der Owinger Johannes-Figur zweifelsfrei festgestellt worden, obwohl an der Holzskulptur zahlreiche Veränderungen vorgenommen worden waren. Verändert waren die Finger und die linke Hand, die ursprünglich keinen Kelch hielt. Auch der Farbauftrag war nicht mehr original.

Wie der Kunstexperte weiter erläuterte, könne die rund 1,20 Meter große Holzfigur bislang keiner Künstlerfamilie zugeordnet werden. Sie ist vermutlich 500 Jahre alt. Ähnliche Heiligenfiguren seien im Schwarzwald zu finden. Für weitere Nachforschungen werde man noch die aus der Weiler Kirche stammende und nun in der Neuen Kirche in Owingen gesichert aufgestellte Beweinungsgruppe zum Vergleich heranziehen. Die Odyssee des Heiligen Johannes sei „ein interessanter Kriminalfall, der 4 Staatsanwaltschaften, 2 Landeskriminalämter aus Bayern und Baden-Württemberg und 3 verschiedene Polizeidienste beschäftigt hat“, stellte Bernd Schober vom LKA Stuttgart fest. Das LKA habe die Dienststelle für Kunst- und Kulturgut-Schutz vor etwa 40 Jahren gegründet, nachdem es zu auffallend vielen Kunstdiebstählen aus Kirchen und Kapellen gekommen war.

Als ein „kleines Wunder“ bezeichnete Markus Winterstein vom erzbischöflichen Bauamt Konstanz die Rückkehr des Heiligen Johannes in die Weiler Kirche. Auch Pfarrer i. R. Ulrich Schury freute sich über Wiederkehr der Holzskulptur, die nun bei künftigen Führungen durch die Kirche eine besondere Rolle spielen werde. Zusammen mit Helene Sinz bringt Schury jeden Monat in Führungen die Geschichte der Weiler Kirche interessierten Gästen näher. - Dieser Bericht wurde der "Hohenzollerischen Zeitung" vom 26.10.2016 mit freundlicher Zustimmung von Autor Wilfried Selinka entnommen.